Da die Schulen deutschlandweit seit vor den Osterferien geschlossen sind, haben viele Eltern den Ehrgeiz, dafür zu sorgen, dass ihre Kinder zu Hause so viel Unterrichtsstoff wie möglich pauken. Wenn Mama und Papa aber gleichzeitig noch zu Hause arbeiten, müssen sie das alles unter einen Hut bringen. Wie Homeschooling sinnvoll gelingen kann.

Eltern stehen in diesen Wochen vor einer großen Herausforderung: Der Große braucht Hilfe in Physik, seine kleine Schwester versteht die Deutschaufgabe nicht, und Lust auf Lernen haben beide schon gar nicht. Zudem quengelt vielleicht noch ein Kindergartenkind, das nicht auf den Spielplatz darf. Arbeiten die Eltern dann auch noch zu Hause, wird es eng. Nicht nur räumlich. Für viele Eltern ist diese Situation – neben den Sorgen, die sie durch die Coronakrise ohnehin schon haben – eine extreme Herausforderung.

Sowohl Eltern als auch Kinder sollten sich diese Ausnahmesituation grundsätzlich klarmachen. Schon Kleinkindern kann in kindgerechter Sprache erklärt werden, warum die Familie nun zu Hause ist. Die Ereignisse überschlagen sich, deshalb haben viele Kinder Ängste entwickelt. Zu Hause sollte man entschleunigen und eine Tagesstruktur für die Coronazeit entwickeln. Das sind zum Beispiel feste Zeiten: etwa, wann die Familie aufsteht und wann Lernzeiten angesetzt werden.

Vater checkt die Hausaufgaben der Tochter auf dem Sofa
Vater checkt die Hausaufgaben der Tochter auf dem Sofa

Erwartungen herunterschrauben

Die Größeren, die bereits eine weiterführende Schule besuchen, sind in der Lage, sich selbstständig um ihre Aufgaben zu kümmern. Zudem können sie vielleicht eingebunden werden, um ihren jüngeren Geschwistern manchen Schulstoff zu erklären. Kinder mit Lernschwächen oder -störungen können dagegen oft nicht allein und konzentriert effektiv arbeiten. Dann sind Unterstützung und Motivation vonseiten der Eltern gefragt. Auch bei den Kleinen klappt das Lernen nicht ohne die Eltern. Diese sollten versuchen, sich trotz Homeoffice diese Auszeit zu nehmen und zu sagen: Eine halbe Stunde ist das erste Kind dran, dann das zweite. Dabei sollten Eltern aber nicht zu viel Druck ausüben und ihre Erwartungen an ihren Nachwuchs realistisch halten. Denn es kann passieren, dass die Kinder nicht alle Aufgaben sofort bewältigen und verstehen. Denn in erster Linie ist es in der derzeit sehr besonderen Situation wichtig für die Kinder da zu sein, ihnen zuzuhören und immer wieder zu versuchen, die Welt durch ihre Augen zu sehen.

Kindern Sicherheit geben

Oft schicken die Schulen in diesen Tagen Unmengen an Material. Sie übersehen dabei, dass nicht jedes Kind das zu Hause angemessen bewältigen kann. Mit Kindern gemeinsam die Aufgaben zu strukturieren, einen Stundenplan für zu Hause zu erstellen, hilft zum Beispiel. Und wie in der Schule gehören auch zu Hause die Pausen dazu. Aktivitäten wie ein Spaziergang oder Spiele im eigenen Garten oder Wohnumfeld sollten intelligent in den Tagesablauf integriert werden. Auch gemeinsames Kochen oder Gesellschaftsspiele bieten sich an.
„Alles, was hilft, Kindern Sicherheit zu geben, ist gut“, sagt die Diplom-Psychologin Katharina Grünewald in einem Interview mit der „Zeit“. Allen Eltern: „Kinder brauchen je nach Alter Führung und Anleitung für ihre Aufgaben. Die sollte man aber so ausführen, dass es allen Beteiligten gut dabei geht.“ Wichtig sei auch, Lehrern eine Rückmeldung zu geben, wenn die Arbeitsbelastung für Kinder aktuell zu hoch wird, da auch viele Pädagogen in dieser für alle neuen Situation experimentieren müssen

Ein Junge macht eine Pause vom Lernen und spielt mit seinem Ball
Ein Junge macht eine Pause vom Lernen und spielt mit seinem Ball

E-Learning-Angebote für Schüler

Eltern können in der Coronakrise nicht dauerhaft in eine Lehrerrolle schlüpfen. Sollen sie auch nicht. Neben dem Material, das Schulen und Lehrer bereitstellen, gibt es im Netz eine Vielzahl an Apps und Plattformen, die beim Lernen unterstützen können.

„School to go“: Auf der im Stil eines Social-Media-Feeds aufbereiteten Webseite „School to go“ finden sich Verweise auf diverse Lernangebote, ausgewählt und aufbereitet von einem Team aus Didaktik- und Digitalexperten. Die bunten Kacheln verraten schon knapp, worum es geht, und sind jeweils mit einer Beschreibung sowie Hinweisen zur Nutzung versehen. Über einen Filter können User spezielle Angebote für verschiedene Klassen und Fächer wie Deutsch, Fremdsprachen oder die so genannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) finden. „School to go“ soll sowohl Anlaufstelle für Lehrer, Eltern als auch Schüler sein. Prof. Julia Knopf vom Forschungsinstitut Bildung Digital (FoBiD) an der Universität des Saarlandes hat das Projekt gemeinsam mit einer Forschungsgruppe der Universität Osnabrück unter der Leitung von Prof. Oliver Thomas in der Coronakrise gestartet.

Für Kinder im Grundschulalter

Book Creator: Sie haben alle Bücher inzwischen schon zum vierten Mal vorgelesen oder vorlesen lassen? Mit der App „Book Creator“ können Kinder ihre Lese- und Schreibkompetenzen stärken, indem sie selbst ein E-Book erstellen. Kinder können hierzu eine eigene Geschichte erfinden, die sie dann aufschreiben und mit Bildern und kurzen Videos ergänzen.

Pattern Shapes: Mit der App „Pattern Shapes“ lassen sich spielerisch Kunst-, Deutsch- und Matheunterricht verknüpfen. Kinder können verschiedene Muster, Ornamente und Parkette mit den zur Auswahl stehenden geometrischen Formen erstellen. Anschließend können sie diese beschreiben. Indem sie die richtigen Fachbegriffe für die Muster verwenden und Eigenschaften der geometrischen Formen entdecken, arbeiten sie an ihren Mathekompetenzen.

Klötzchen: Für junge Baumeister eignet sich die App „Klötzchen“. Kinder können damit selbst zu Architekten werden und Baupläne erstellen. Sie betrachten Würfelgebäude von verschiedenen Perspektiven aus, machen selbst welche oder bauen nach vorgegebenen Plänen. Aber auch zur Förderung der Deutschkompetenzen kann die App genutzt werden: zum Beispiel, indem ein Partner ein Gebäude beschreibt, das vom Kind gebaut werden soll. Die Bauanleitungen können sogar als Algorithmus formuliert werden, das schult Informatikkenntnisse.

Für Jugendliche an weiterführenden Schulen

Photomath: Wer in Mathe ewig nicht weiterkommt, dem kann „Photomath“ weiterhelfen. Jugendlichen können mit der App eigenständig Matheaufgaben lösen. Der Clou: Sie fotografieren die Aufgabe und vergleichen ihre Lösung mit der Lösung in der App. Damit lassen sich Lösungsschritte einfach nachvollziehen – das bringt Aufschluss in Bezug auf das richtige Vorgehen.

Open Roberta Mobile: Mit der App „Open Roberta Mobile“ können MINT-begeisterte Kinder und Jugendliche verschiedene Roboter programmieren. Viele interessante und gute Ideen zur Umsetzung finden sich auf den Seiten der „Roberta-Initiative“. Inhaltlich werden ganz unterschiedliche Fächer und Themen angesprochen.
Explain Everything Whiteboard: Mit dem „Explain Everything Whiteboard“ lassen sich für Freunde und andere Erklärvideos erstellen. Dabei sind ganz unterschiedliche Themen und Inhalte möglich. Jugendliche können ein Storyboard entwerfen und sich dabei sowohl mit der guten Gestaltung als auch mit dem Inhalt auseinandersetzen. So sind sie nicht nur passiver Nutzer, sondern auch aktiver Gestalter.


Darüber hinaus hat der Schulbuchverlag Cornelsen einen Teil seiner Materialien für das Homeschooling auf seiner Webseite kostenlos freigeschaltet und nutzbar gemacht. Lehrer, Eltern und Schüler können sich nach Fächern und Altersgruppen sortiert, Unterrichtsmaterialien herunterladen. Das Angebot wird nach Angaben des Verlags täglich erweitert.

Mutter und Tochter machen ein einfaches Experiment am Schreibtisch
Mutter und Tochter machen ein einfaches Experiment am Schreibtisch

Erweiterte pädagogische Angebote der öffentlich-rechtlichen Sender

Damit Kinder aller Altersgruppen Abwechslung beim Lernen zu Hause bekommen, hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk einige Programm in den Mediatheken erweitert.

Mit „Planet Schule“ bieten WDR und SWR Hintergrundinformationen im Netz zu lehrplanrelevanten Themen wie Klimawandel, Ludwig van Beethoven oder dem Grundgesetz. Im SWR ist jetzt nach der „SWR3 Morningshow“ (Visual Radio) um 8 Uhr „Tigerenten Club Spezial“ zu sehen, danach folgen „Planet Schule“ und „Planet Wissen“. Die Sendestrecke wird auch im Livestream übertragen und on demand verfügbar sein: auf SWRKindernetz.de und im YouTube-Kanal „SWR Kindernetz Plus“. Außerdem gibt es dort auch extra Videos gegen die Langeweile: Basteltipps, Rätsel und Infos zur aktuellen Situation.

Das Digitalprogramm von NDR Info Spezial bietet werktags von 9 bis 13 Uhr eine Extraausgabe der Kindersendung „Mikado“ mit Hörspielen, Lesungen und unterhaltsamen Wissensangeboten an.

Der BR stellt in Partnerschaft mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus unter dem Motto „Schule daheim“ ein besonderes Angebot zum Lernen zu
Hause auf ARD-alpha, in der BR Mediathek und dem Infoportal „mebis“ bereit.

Die Kindernachrichten „logo!“ berichten nun zweimal pro Tag über die aktuelle Lage – zusätzlich zu der Sendung um 19.50 Uhr auch um 11.05 Uhr. Um 13.30 Uhr gibt es „Die beste Klasse Deutschlands-Spezial“. Darin spielt das Moderatorenteam nicht mit Klassen im Studio, sondern präsentiert Kindern zu Hause Quizfragen und Experimente zum Mitraten.

Das könnte Sie auch interessieren:

Ratgeber

Mentale Gesundheit: Tipps gegen den Winterblues

Mehr lesen

Ratgeber

Änderungen 2024: Wichtige Neuerungen

Mehr lesen

Ratgeber

Mental Load bei Studierenden und Azubis: die unsichtbare Last

Mehr lesen