• Enthält der Vertrag zur Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) die sogenannte abstrakte Verweisung, bekommt die Versicherte Person nicht zwingend eine Rente ausgezahlt, wenn sie außerstande ist, Ihren zuletzt ausgeübten Beruf auszuüben: Solange sie theoretisch einer anderen Tätigkeit als dem zuletzt ausgeübten Beruf nachgehen kann, kann der Versicherer sie darauf verweisen und bleibt leistungsfrei. Allerdings nur, wenn die andere Tätigkeit ein vergleichbares Einkommen und damit eine vergleichbare Lebensstellung bietet. Der Versicherer muss die möglichen Verweisungstätigkeiten konkret darlegen. 
  • Deshalb ist es wichtig, eine BU mit ausdrücklichem Verzicht auf die abstrakte Verweisung abzuschließen.
  • Eine andere Art der Verweisbarkeit ist die konkrete Verweisung. Von ihr kann der Versicherer Gebrauch machen, wenn Sie nach Eintritt der Berufsunfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf bereits eine andere gesundheitlich zumutbare Tätigkeit aufgenommen haben, die Ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.
  • Der Unterschied liegt also darin, ob Sie theoretisch in einem anderen Beruf arbeiten könnten (abstrakte Verweisung) oder ob Sie dies bereits tun (konkrete Verweisung).
  • Swiss Life verzichtet bei Neuabschlüssen auf die abstrakte Verweisung.

Mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung können Sie sich finanziell absichern, falls Sie länger als sechs Monate nicht in der Lage sind, Ihrem zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent nachzugehen. Das bedeutet aber nicht, dass Sie dann automatisch Ihre vereinbarte BU-Rente erhalten. Das ist unter anderem davon abhängig, wie das Thema Verweisung in Ihrem Versicherungsvertrag geregelt ist.

Wir erklären Ihnen, was bei der BU mit abstrakter und konkreter Verweisung gemeint ist und welche Bedeutung der Verzicht auf die abstrakte Verweisung für Berufsunfähige hat.

Abstrakte Verweisung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung

Wer sich über eine Berufsunfähigkeitsversicherung informiert, der stößt früher oder später auf den Begriff „abstrakte Verweisung“. Dahinter verbirgt sich ein bestimmter Bestandteil der Versicherungsbedingungen. Dieser ermöglicht es dem Versicherer, eine Person auf eine vergleichbare berufliche Tätigkeit zu verweisen, die ihr gesundheitlich möglich ist und nicht wesentlich von ihrem bisherigen Einkommen und der sozialen Wertschätzung abweicht.

Das bedeutet: Wenn Ihr Versicherungsvertrag eine Klausel mit abstrakter Verweisbarkeit enthält, kann es sein, dass Ihnen Ihr Versicherer trotz Berufsunfähigkeit im eigenen Beruf keine BU-Rente auszahlt.

Beim abstrakten Verweis auf eine andere Tätigkeit ist es unerheblich, ob Sie diese tatsächlich ausüben: Allein die theoretische Möglichkeit ist für den Versicherer ausreichend, um keine Leistungen auszuzahlen. Gibt es also entsprechende Stellen auf dem Arbeitsmarkt, kann der Versicherer die Klausel anwenden. Es gibt allerdings einige Voraussetzungen, die er beachten muss.

Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der abstrakten Verweisung

  1. Die andere Tätigkeit muss den beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten der berufsunfähigen Person entsprechen.
  2. Sie muss zudem der erreichten Lebensstellung entsprechen, also etwa dem sozialen Ansehen, das mit dem Beruf einhergeht.
  3. Zudem darf das Einkommen nicht wesentlich geringer ausfallen als bei der bisher ausgeübten Tätigkeit. Laut der allgemeinen Rechtsprechung sind Einbußen von bis zu 20 Prozent allerdings zumutbar.

Beispiel für eine abstrakte Verweisung

Ein Landschaftsgärtner ist aufgrund einer Arthrose gesundheitlich außerstande, diese Tätigkeit zu mehr als 50 % auszuüben. Der Versicherer kann dann prüfen, ob der Versicherte aufgrund seiner beruflichen Kenntnisse die Tätigkeit in einem Gartencenter in der Kundenberatung übernehmen könnte, wenn diese Tätigkeit insgesamt im Hinblick auf Lebensstellung vergleichbar ist. Dementsprechend kann der Versicherer ihn auf eine solche Tätigkeit verweisen, wenn im Vertrag eine abstrakte Verweisung enthalten ist. Der Versicherte würde in diesem Fall keine BU-Rente erhalten.

Darum ist der Verzicht auf abstrakte Verweisung von Bedeutung

Wer eine BU abschließt, die eine Klausel zur abstrakten Verweisung enthält, hat bei Berufsunfähigkeit im eigenen Beruf Einschränkungen beim Versicherungsschutz. Deshalb sollten Sie einen Versicherer bzw. eine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne abstrakte Verweisung wählen.

Gut zu wissen:

Swiss Life verzichtet bei Neuabschlüssen grundsätzlich auf abstrakte Verweisbarkeit. Diese ist zugunsten einer umfassenderen Absicherung unserer Kundinnen und Kunden schon lange nicht mehr Bestandteil der Versicherungsbedingungen und nur noch in Ausnahmefällen in sehr alten Verträgen vorhanden.

Formulierungen im Versicherungsvertrag erkennen

Abstrakte Verweisung
Die abstrakte Verweisung ist oft gar nicht so leicht zu erkennen. In folgendem Satz versteckt sie sich z. B. in der Definition der Berufsunfähigkeit:

„Vollständige Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn die Versicherte Person […] voraussichtlich mindestens sechs Monate ununterbrochen außerstande ist, ihren zuletzt ausgeübten Beruf oder eine andere Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrungen ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht.“

Entscheidend ist, dass der Versicherer hier die „andere Tätigkeit“ erwähnt. Umgekehrt formuliert würde der Satz lauten: Solange die Versicherte Person einer anderen Tätigkeit als ihrem zuletzt ausgeübten Beruf nachgehen kann, liegt keine vollständige Berufsunfähigkeit vor – und der Versicherer muss keine Leistung auszahlen. 

Verzicht auf abstrakte Verweisung
Es gibt zwar keine klare Definition, wie der Verzicht auf abstrakte Verweisung auszusehen hat, die meisten Versicherer formulieren ihn aber recht deutlich. Prüfen Sie darum die Versicherungsbedingungen vor Vertragsabschluss auf einen ausdrücklichen „Verzicht auf die abstrakte Verweisung“ oder ähnliche Formulierungen. Finden Sie dazu nichts, sollten Sie beim Versicherer nachfragen.

Konkrete Verweisung bei der BU – Unterschied zur abstrakten Verweisung

Wenn Sie in Ihrem zuletzt ausgeübten Beruf berufsunfähig sind, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Sie gar keiner beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen können. Möglicherweise haben Sie die Chance, auf eine andere Stelle zu wechseln, die Ihren Kenntnissen und Fähigkeiten entspricht und trotz Ihrer gesundheitlichen Einschränkungen für Sie machbar ist. Stellt der Versicherer infolge eines Leistungsantrags fest, dass Sie trotz Ihrer Berufsunfähigkeit inzwischen in einem anderen Beruf arbeiten, der mit der ehemaligen beruflichen Tätigkeit hinsichtlich der Lebensstellung vergleichbar ist und Ihnen gesundheitlich zumutbar ist, kann bei Ihrer BU die konkrete Verweisung greifen.

Der Unterschied zwischen der abstrakten und konkreten Verweisung besteht also darin, ob Sie eine andere vergleichbare Tätigkeit tatsächlich ausüben. Bei abstrakter Verweisbarkeit reicht es bereits aus, wenn der Versicherer feststellt, dass es verfügbare Stellen gibt, welche die Voraussetzungen für eine Verweisung erfüllen. Bei der konkreten Verweisung ist für die Berufsunfähigkeitsversicherung entscheidend, dass Sie den anderen Beruf wirklich ausüben. In diesem Fall kann die Grundlage für eine Auszahlung der BU-Rente entfallen.

Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der konkreten Verweisung

Von der konkreten Verweisung kann der Versicherer ebenfalls nur Gebrauch machen, wenn die neue berufliche Tätigkeit neben Ihrer Expertise auch in puncto Lebensstellung und Einkommen in etwa Ihrem bisherigen Beruf entspricht. Beim Einkommen gelten derzeit laut der allgemeinen Rechtsprechung Einbußen von bis zu 20 Prozent als zumutbar. Diese Zumutbarkeitsgrenze ist allerdings fließend.

Beispiel für eine konkrete Verweisung

Eine Handelsvertreterin ist aufgrund eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr in der Lage, im Außendienst längere Strecken zu fahren. Das Unternehmen bietet ihr zu etwa gleichen Konditionen eine Stelle in der Firmenzentrale an, bei der sie sowohl vor Ort als auch im Homeoffice arbeiten kann. Die Außendienstmitarbeiterin nimmt dieses Angebot an und arbeitet fortan im Innendienst.

Konkrete oder abstrakte Verweisbarkeit bei Selbst­ständigkeit

Selbständige werden nur in Ausnahmefällen abstrakt verwiesen, da aufgrund der Selbständigkeit die Lebensstellung nicht gewahrt ist. Der Versicherer kann jedoch bei Selbständigen immer prüfen, ob eine Umorganisation möglich ist, so dass ihr Unternehmen weiterhin wirtschaftlich sinnvoll geführt werden kann. So können zum Beispiel Aufgaben an Mitarbeiter delegiert werden oder die Arbeiten durch technische Hilfsmittel automatisiert oder zumindest einfacher ausgeführt werden.

Wichtig ist auch bei Selbstständigen, dass ihre neue Tätigkeit im eigenen Unternehmen nach der Umorganisation ihrer bisherigen Lebensstellung entspricht und wirtschaftlich sinnvoll ist. Aufgrund der Komplexität solcher Fälle kommt es noch mehr auf die konkreten Versicherungsbedingungen an. Der Versicherer prüft auch hier jeden Fall individuell. Wenn

  • die Versicherte Person in dem Betrieb weniger als fünf Mitarbeiter beschäftigt oder
  • die Versicherte Person einen akademischen Abschluss hat und mindestens zu 90 Prozent der durchschnittlichen Arbeitszeit kaufmännisch und/oder organisatorisch tätig ist,

verzichtet Swiss Life auf die Prüfung einer Umorganisation. 

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Häufig gestellte Fragen zur abstrakten und konkreten Verweisung

Steht in Ihrem Versicherungsvertrag eine sogenannte abstrakte Verweisung, kann der Versicherer Sie bei Berufsunfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf auf eine andere vergleichbare Tätigkeit verweisen, die Sie trotz der gesundheitlichen Einschränkungen noch ausüben können. In diesem Fall erhalten Sie keine BU-Rente.

Die andere Tätigkeit muss Ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechen, in etwa gleich gut bezahlt sein und darf Ihre Lebensstellung nicht verschlechtern – also z. B. das gesellschaftliche Ansehen, das mit der Beschäftigung einhergeht. Dabei ist allerdings unerheblich, ob Sie der Tätigkeit tatsächlich nachgehen. Es reicht, wenn entsprechende Stellen auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind. Sind die Voraussetzungen erfüllt, kann der Versicherer von der abstrakten Verweisung Gebrauch machen.

Expertinnen und Experten empfehlen, eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit Verzicht auf die abstrakte Verweisung abzuschließen. Die Versicherung verweist Sie dann nicht auf eine andere Tätigkeit, sondern zahlt die Rente bereits – sofern alle Vertragsbedingungen erfüllt sind –, wenn Sie Ihrer zuletzt ausgeübten Arbeit nicht mehr nachgehen können. 

Bei einer konkreten Verweisung gehen Sie einer Tätigkeit, die Ihrer Expertise sowie der Lebensstellung und dem Einkommen Ihres zuletzt ausgeübten Berufs weitgehend entspricht, tatsächlich nach. Stellt der Versicherer dies bei der Prüfung Ihres Leistungsantrags fest, kann er Sie konkret auf diesen Job verweisen. Der Versicherer kann Sie auch bei einer Überprüfung von Leistungen auf eine konkret ausgeübte Tätigkeit verweisen, wenn Sie diese erst später aufnehmen und sie vergleichbar ist. Bei der abstrakten Verweisung spielt es dagegen keine Rolle, ob Sie die Tätigkeit wirklich ausüben: Es reicht die theoretische Möglichkeit.

Unabhängig von konkreter oder abstrakter Verweisbarkeit gehen mit dem Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung bestimmte Mitwirkungspflichten einher. Dazu gehört auch, dass Sie Ihrem Versicherer mitteilen müssen, wenn Sie trotz Berufsunfähigkeit wieder einer Tätigkeit nachgehen. Auch Minijobs, Umschulungen etc. sollten Sie Ihrem Versicherer melden.

Sind Sie selbstständig, werden Sie in der Regel nicht abstrakt verwiesen, sondern es wird die Möglichkeit einer Umorganisation geprüft, sodass Sie Ihrem Beruf trotz gesundheitlicher Einschränkungen weiter nachgehen können. Unter bestimmten Voraussetzungen verzichtet Swiss Life auf die Prüfung einer Umorganisation.